American Football: Minden Wolves verlieren nach einer 28:21-Führung gegen die Bielefeld Bulldogs 28:29 und Kenneth Patten jr.
Doppeltes Drama für die Minden Wolves. Und das 30 Sekunden vor Ende des Ostwestfalen-Derbys gegen die Bielefeld Bulldogs. Perfekter hätte die Dramaturgie dieses emotionalen Duells nicht geschrieben werden können, denn einen 14:21-Rückstand drehten die Gastgeber vor 1.500 Zuschauern, die das Weserstadion im vierten Viertel, insbesondere aber der an Spannung nicht zu überbietenden Schlussphase in ein Tollhaus verwandelten, in eine 28:21-Führung, die bis in die Schlussminute bestand hatte. Doch am Ende waren sie es, die die Köpfe hängen ließen und nicht nachvollziehen konnten, dass die Partie noch mit 28:29 (7:7, 7:14, 0:0, 14:8) verloren wurde. Es war erst die dritte Niederlage in den fünf Spielzeiten, in denen die Mindener an den Start gehen.
In einem Duell auf Augenhöhe, in dem sich beide Rivalen nichts schenkten und den Fans nicht nur packenden, sondern auch hochklassigen Football boten, war es ein Quarterback, der der Partie über weite Strecken seinen Stempel aufdrückte. War es im Heimspiel gegen die Solingen Paladins noch „Zack“ Cavanaugh, der überragte, so war es am Samstag der Gäste-QB, der an der Weser den Ton angab. US-Import Malik Brown ließ die Wolves-Defense verzweifeln. Ihn bekamen die Hausherren überhaupt nicht in den Griff. Die Startphase gehörte allerdings den Mannen von Headcoach Phil Gamble.
Ein Pass von Cavanaugh fand als Empfänger Eric Renz, der mit seinem Touchdown für riesigen Jubel sorgte. Nach dem PAT von Tobias Pauls führte das Wolfsrudel mit 7:0. Doch Brown antwortete umgehend, war bei seinen Läufen nicht zu bremsen und hatte auch ein gutes Auge für seine Mitspieler. Die „Bullen“ kamen bis auf acht Yards an die Goalline heran. Das war dann eine Sache für den Bielefelder Quarterback, der die kurze Distanz bis in die Endzone problemlos überwand. Per Extrapunkt markierte Daniel Korbmacher das 7:7.
Nachdem die Hausherren im ersten Viertel geführt insgesamt nur rund zwei Minuten mit ihrer Offense auf dem Feld waren, sorgte ein verunglückter Punt der Wolves durch Eric Renz dafür, dass die Bulldogs in aussichtsreicher Position wieder starten durften. Diesmal erreichte Marco De Ante Domio, der von Brown bedient wurde, und das „gelobte Land“. Korbmacher markierte per PAT (Point after Touchdown) das 14:7 für die Gäste. Diesmal aber hatten die „Wölfe“ die passende Antwort parat. Und wieder war es Eric Renz, der bei ausgespieltem vierten Versuch den Ball von „Zack“ Cavanaugh erhielt, und gemeinsam mit dem Extrapunkt von Pauls, das 14:14 markierte. Renz hatte später Pech, dass er nach einer Aktion mit einer Gehirnerschütterung ausscheiden musste.
Noch vor der Pause ließ Malik Brown erneut seine Klasse aufblitzen, brachte sein Team mit einem Lauf über 40 Yards wieder in Front. Inklusive des PATs hieß es nach zwei Vierteln 21:14 für die Bielefeld Bulldogs.
In der zweiten Spielhälfte haderten die Gastgeber gleich einige Male mit den Unparteiischen. So wurden ein Touchdown von Aymen Tlili gleich im ersten Ballbesitz des dritten Viertels wegen angeblichen unerlaubten „Receiver downfield“ von Cory Gardiner nicht anerkannt. Zack Cavanaugh leistete sich zudem drei Yards vor der Goalline einen Interception beim Pass auf Eric Renz. Danach blieb ein unübersehbarer Griff in die Facemask von Bernardo Horevitch, obwohl der Referee direkt danebenstand, kurz vor der Endzone ungeahndet. Aber auch die Hausherren vergaben weitere gute Möglichkeiten.
Bei den Gästen merkte man nun, dass Quarterback Malik Brown umgeknickt war und gehandicapt agierte. Große Läufe sah man von ihm kaum noch. Bis kurz vor Ende.
Das wäre nach einem 0:0 im dritten Viertel im Schlussabschnitt fast sogar spielentscheidend gewesen, denn neun Minuten vor dem Ende spielten die Wolves ihren vierten Versuch aus. Der Ball wurde auf Benjamin Freese gepasst und der fing ihn in der Endzone. Per Extrapunkt glich Tobi Pauls zum 21:21 aus.
Dann überquerte Bernardo Horevitch die Goalline, die Schiedsrichter pfiffen aber zu früh. Dennoch drehten die Mindener die Partie, als Cavanaugh ein Fünf-Yard-Lauf in die Endzone gelang. Die Führung. Urplötzlich lagen die Wolves wieder vorn – 28:21!
Die Uhr lief runter. Noch zwei Minuten. Brown sorgte mit einem gelungenen Pass für großen Raumgewinn, der sich durch einen Late-Hit sogar noch mal um 15 Yards vergrößerte. 30 Sekunden vor Schluss war Bielefeld dann auf Touchdown-Kurs. Den besorgte Daniel Korbmacher zum umjubelten 27:28. Hut ab, dass die Bulldogs den Mut hatten, nicht per PAT zum Ausgleich und der Overtime zu kommen, sondern mit einer Two-Point-Conversion den direkten Sieg einzufahren. Der erste Versuch wurde nach „Entschärfung“ durch die Wolves wiederholt, weil Minden mit zwölf Mann auf dem Feld gewesen war.
Bei dieser Aktion verletzte sich Kenneth Patten jr. schwer. So schwer, dass er mit einem Rettungsfahrzeug ins Klinikum gebracht werden musste. Diagnose: komplexe Sprunggelenksfraktur. Patten wurde noch am Sonntag operiert., fällt drei Monate lang aus.
Geschockt von diesem Zwischenfall war die Defense nicht mehr zu hundert Prozent konzentriert bei der Sache. Das nutzten die Gäste, um die neuerliche Two-Point-Conversion durch Malik Brown um Minden in Schockstarre zu schicken. Während die Gäste jubelten, schlichen die Mindener Spieler mit hängenden Köpfen zum Abklatschen zu ihren Fans.
„Wir haben nicht das abgerufen, was wir können. Das liegt auch an einer aktuell miserablen Trainingsmoral“, schimpfte Headcoach Phil Gamble nach dem Schlusspfiff. „Wir müssen beim zweiten Versuch der Two-Point-Conversion einfach konzentrierter und wacher sein. So kann man das nicht verteidigen.“
Trotz des Frustes der bitteren Niederlage gaben sich alle Mindener Beteiligten sofort kämpferisch. „Da es kein Unentschieden mehr gibt, müssen und werden wir das Rückspiel am letzten Spieltag in Bielefeld gewinnen und liegen dann im direkten Vergleich vorne“, rechnet Routinier Jan Christian Schmale, der einst selbst bei den Bulldogs spielte, vor.
Und Sportdirektor Volker Krusche ergänzt. „Zunächst einmal war es ein tolles Spiel, bei dem die Zuschauer voll auf ihre Kosten gekommen sind. Kompliment auch an Bielefeld für eine starke Leistung. Trotz dieser Niederlage ist aus meiner Sicht aber noch nichts Gravierendes für den weiteren Saisonverlauf passiert!“
Foto: Hendric-Noah Pieper