Phil Gamble blickt auf die zurückliegende Saison, die Off- und Pre-Season und die Meisterschaftsrunde in der Verbandsliga
Blicken wir zunächst noch mal auf die abgelaufene Saison, die erfolgreicher kaum hätte laufen können. Was hat Dich begeistert?
Phil Gamble: Es gäbe viele Dinge, die ich hier nennen könnte. Denn die gesamte Saison ist mit allem, was dazu gehört, einfach traumhaft gewesen. Ob mit der Mannschaft auf dem Feld, der Präsentation des Gamedays bei den Heimspielen im Weserstadion oder dem Zuspruch der Zuschauer. Es hat einfach alles gestimmt.
Und speziell mit Blick auf Deine Mannschaft?
Gamble: Man darf nicht unterschätzen, was uns sportlich gelungen ist. Wir haben ein Team aufgeboten, dass zu mehr als Dreiviertel aus Rookies, also aus Jungs besteht, die noch nie ein Footballspiel absolviert haben. Es hat sich aber gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir viel und intensiv an uns gearbeitet haben. Das hat sich ausgezahlt. Wir legen im Training viel Wert auf eine gute technische Ausbildung. Und genau in diesem Punkt sind wir der Konkurrenz voraus und haben damit fehlende Erfahrung wettmachen können.
Die Defense der Minden Wolves hat im Durchschnitt pro Spiel keine sechs Punkte, als nicht mal einen Touchdown zugelassen.
War das der Schlüssel zum Erfolg?
Gamble: Wir sind natürlich sehr glücklich, dass unsere Defense so gut funktioniert hat. Aber den Erfolg nur auf sie zu reduzieren, wäre falsch. Fakt ist, dass unser Abwehrverhalten unbestritten die Grundlage für unseren Erfolg war. Wir wollen dennoch nicht unsere Offense vergessen, die sich immer mehr gesteigert hat. Sonst wären wir nicht auf 143 Punkte in sechs Spielen, davon
140 in den fünf Partien nach der Premiere gekommen.
Nun geht es nach zwei „Aufstiegen“ in einem Jahr in der neuen Saison in der Verbandsliga an den Start.
Gamble: Das freut uns sehr, denn das Projekt „American Football befindet sich in allen Bereichen auf einem guten Weg. Dazu gehört nicht nur der sportliche, sondern auch alles drumherum. Wir sind gerade im Umfeld top aufgestellt, was sich sehr positiv auf unsere Zukunft auswirken sollte.
Und sportlich. Was erwartest Du von Deinem Team?
Gamble: Bis auf die Mannschaft aus Herne haben wir noch gegen keinen anderen unserer Gegner gespielt. Wir kennen sie nur von Videos. Hinzu kommt, dass zwei dieser Mannschaften im vergangenen Jahr Corona-bedingt pausiert haben. Es kommt also viel Neues auf uns als Aufsteiger zu. Aber das war ja 2021 auch nicht anders. Letztlich ist es wichtig, dass wir uns auf unsere Qualität, unsere Stärken verlassen können.
Was erwartest Du denn von Deinen Spielern?
Gamble: Wir haben in der Off-Season zahlreiche neue Spieler dazubekommen, müssen aber durch Beruf oder Studium auch auf den einen oder anderen verzichten. Hinzukommt, dass uns die schweren Verletzungen der zurückliegenden Saison immer noch begleiten. Allerdings haben wir nur eine kurze Pause nach Ende der letztjährigen Serie eingelegt und sind bereits Mitte November wieder ins Training eingestiegen – einmal als Team auf dem Feld, zweimal in der Kraftmühle, um uns im Bereich Kraft und Ausdauer auf einen guten Stand zu bringen. Ich glaube, dass wir da einigen Teams was Voraus haben. Das sollte sich in der Saison auszahlen.
Du sagst, es gab auch den Verlust einiger weniger Leistungsträger. Wie wird das aufgefangen?
Gamble: So was kommt Jahr für Jahr vor. Der eine geht, der andere kommt. Damit müssen alle Mannschaften leben. Das ist das Geschäft. Aber natürlich schmerzt es, wenn wichtige Spieler durch Verletzung ausfallen. So wie unser aktueller MVP, der sich einen Bandscheibenvorfall zugezogen hat, nicht spielen kann. Er bleibt uns aber erhalten, ist in die Trainerrolle geschlüpft und unterstützt mich als Offensive-Coordinator. Aber keine Angst. Wir haben gute Jungs dazubekommen. Die werden die entstandenen Lücken sicherlich schließen.
2021 stand mit Mike Davis sogar ein Spieler auf dem Platz, der in jungen Jahren in der NFL aktiv war. Kannst Du auch in diesem Jahr auf ihn zurückgreifen?
Gamble: Leider nicht. Mike und ich sind ja gut befreundet. Und er wäre gern wieder zu uns gekommen. Aber Mike hat nach seiner Rückkehr in die USA dort einen Job angetreten und steht daher leider nicht zur Verfügung. Doch alles halb so schlimm. Wir haben uns – so wie es im Football üblich ist – sehr gut verstärkt. Auf Positionen in der Offense, auf denen wir noch nachbessern wollten. Wir halten aber dennoch an unserer Philosophie fest, bei allen Verstärkungen immer auf ein funktionierendes Teamgebilde zu schauen.
Mit was dürfen wir denn in der Saison 2022 rechnen? Wie lautet Deine Zielsetzung?
Gamble: Als Headcoach darf ich all unseren Fans versprechen, dass wir alles dafür tun werden, um eine erfolgreiche Saison zu spielen, eine gute Rolle zu spielen. Was am Ende dabei herauskommt, hängt von vielen Faktoren ab. Minimalziel ist für uns ein positives Punktekonto.
Und neben dem Spielfeld?
Gamble: Es wäre wunderbar, wenn wir auch 2022 wieder den Zuschauerzuspruch wie in der ersten Saison hätten. Die Kulisse puscht auch die Mannschaft. Ich weiß, dass unsere Organisatoren beim Angebot zu unseren Heimspielen super nachgelegt haben und das alles im Sinne des Mottos „Football is family“ geschieht. Schließlich wollen wir mit unseren Gamedays alle ansprechen, auch Familien mit ihren Kindern. Ich wünsche mir, dass wir uns für die heimische Wirtschaft noch interessanter machen. Denn ohne eine gute Unterstützung im Bereich Sponsoring geht es auch in unserem Sport nicht. Gerade, um American Football mit all seinen Vorzügen, die andere Ballsportarten nicht bieten, im Kreis Minden-Lübbecke fest zu etablieren. Durch eine starke öffentliche Wahrnehmung werden wir auch weiter Aktive für unser Team gewinnen können. Das alles ist nötig, um mittelfristig den Sprung in die Regionalliga realisieren zu können. Dafür lassen wir uns aber die entsprechende Zeit, sehen 2022 als Jahr, um all das, was im ersten Jahr so gut lief, zu bestätigen, dabei aber weiter den Bodenkontakt zu halten und demütig zu bleiben.